20. Die Häuser am Obersee – Der Traum vom Kunstkomplex nach der Wende

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In der plötzlich gewonnenen Freiheit, nach den Friedensgebeten, Demonstrationen und dem Ende der DDR fand sich die damals gerade 32 Jahre alte Bettina Grotewohl als Leiterin einer Kommission zur Erfassung und Nutzung der Immobilien des Ministeriums für Staatssicherheit in Hohenschönhausen wieder. In einem Erinnerungsprotokoll an diese Zeit hielt sie fest:
„Ich erinnere mich an eine Gesprächsrunde im Dezember 1989 im Jugendklub am Rotkamp. Vertreter von Partei und Ministerium für Staatssicherheit, kurz Stasi genannt, waren dabei. Mein Mann beklagte sich, dass er als Denkmalpfleger keinen Zugang zum denkmalgeschützten Mies van der Rohe Haus am Obersee hätte. Der Mann von der Stasi versprach, ihn umgehend hinein zu lassen. Am nächsten Tag hatte er den Schlüssel in der Hand.“
Das Mies van der Rohe Haus ist heute ein nach den Plänen des Architekten wiederhergestelltes Kleinod und zieht Jahr für Jahr Besucher aus aller Welt an. Doch bis es dazu kam, lag vor allen Beteiligten ein steiniger Weg. Das Mies van der Rohe Haus ist nur ein herausgehobenes Beispiel. Bettina Grotewohl gab weiter zu Protokoll:
„In der Liste, die wir uns mit dem Mut Davids von Regierung und Amt erkämpften, standen unglaubliche 186 Objekte, davon 47 Dienstobjekte.“
Als man den Besitz dann der öffentlichen Hand übertrug, wollte diese sich möglichst rasch von dieser Bürde lösen. Das meiste stand zum Verkauf. Es war die Zeit der Glücksritter. Viele Offerten waren nicht seriös. Die Kommission zur Erfassung der Stasiobjekte kämpfte für eine Öffnung des Viertels für die Anwohner; für Nutzungsvarianten, die allen – oder zumindest vielen – zugute kamen.
Ein Investor versprach eine Kunstgalerie, ein Musikkabinett, einen Bootsverleih, ein Feinkostgeschäft mit eigener Fleischerei, einen Bäcker, eine Eisdiele sowie ein Fitness-Studio. Zweihundert Arbeitsplätze sollten entstehen. Und die Berliner Zeitung titelte in einem Artikel: „Kunst und Kommerz am Obersee“.
Doch die Kommission und der Bezirk Hohenschönhausen sahen genau hin. Vieles, was man sah, war nur Wind und Theaterdonner! Man erfuhr von unseriösen Praktiken des Investors. Und die Hohenschönhausener Verwaltung blieb hart.
„Das Kulturamt schlug andere Nutzungen vor. Diese wurden dann teilweise auch verwirklicht: In die Oberseestr. 66 zog das Musikkabinett des Bezirks ein. Das Mies van der Rohe Haus Nr. 60 wurde zu einem Kleinod der Architekturgeschichte. In die „Kalte Pracht“ Nr. 56 zog das Standesamt ein. In der Käthestr. 5 entstand eine Galerie der Künstler Kliche und Grahl. Diese gründeten später den „Kunstverein am Obersee“. Das Haus im Lindenweg 7 wurde zum Heimatmuseum Hohenschönhausen.
Die Kommission wurde 1990 aufgelöst. Deren Arbeit bewirkte jedoch die Weichenstellung hin zu einem neuen Miteinander in Hohenschönhausen und in der Region um Ober- und Orankesee. Den Geist der Offenheit im Umgang mit regionalen Belangen, das zivilgesellschaftliche Engagement findet man heute in den zahlreichen Initiativen im Bezirk und so auch im Fördervereins Obersee und Orankesee wieder.

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