Bevor Evgenia Usimova die Plastik “Elegie” schuf, lag auf dem Sockel eine andere Figur: der „Sommer“, ein großer liegender weiblicher Akt aus Bronze. Geschaffen hatte diese in den 70er Jahren der Weißenseeer Bildhauer Siegfried Krepp. Die Frau streckte sich ungezwungen in der wärmenden Sonne – so, wie es Strandbesucher am liebsten tun.
Die Schultern waren am Boden, der Körper aber war gedreht und ruhte auf der rechten Hüfte. Die kräftigen Schenkel waren leicht geöffnet. Das schöne Gesicht der Frau wendete sich zur Seite in die rechte Armbeuge. Die Figur verströmte Unbefangenheit. Über deren Entstehung erzählt die Bildhauerin Sonja Eschefeld, die Frau des Künstlers:
„Ich kann mir vorstellen, dass er die im eigenen Auftrag gemacht hat. Also, das heißt, aus lauter Lust. Wir haben auch viel Akt gezeichnet zu der Zeit, hatten in der Uckermark ein Wochenendhaus, waren viel im Grünen. Also, da entstehen so Ideen. Wir waren in Paris und haben die Maillol-Plastiken gesehen (…) Der Auftrag alleine, das ist das Geld verdienen, aber weshalb man so eine Plastik macht, das ist vielschichtiger. Also, das ist eben Paris, Maillol, die Landschaft in der Uckermark, das ist so eine hügelige Endmoränenlandschaft…, das sind alles so Inspirationen und Anregungen, aus denen diese Figur entstand.“
Siegfried Krepp, Jahrgang 1930, hatte in Weißensee Bildhauerei studiert und war Meisterschüler bei Fritz Cremer gewesen. Später übernahm er einen Lehrauftrag für Reliefgestaltung an der Weißenseer Hochschule. Zu seinen Werken gehören: Das Relief zum Denkmal deutscher antifaschistischer Spanienkämpfer im Friedrichshain, die Versöhnungstür am Südportal des Berliner Doms und das Meister-Eckhart-Portal an der Erfurter Predigerkirche. Und auch „Sommer“ – diese Ruhe und Lust verströmende, sinnliche Plastik hier am See.
Siegfried Krepp verstarb im Oktober 2013. Seine Figur „Sommer“ lebt heute nur noch auf Fotos und in den Erinnerungen der Spaziergänger. Plötzlich war sie eines Morgens nicht mehr da. In die Idylle am Obersee war eine ganz andere Wirklichkeit eingebrochen. In einer Erklärung aus dem Bezirksamt hieß es:
„Die organisierte Kriminalität von Metalldieben hat auch unsere Kulturgüter im Bezirk erreicht. Leider ist dies kein Einzelfall, so dass wir gemeinsam mit der Polizei unsere Bemühungen intensivieren werden, um kulturhistorisch bedeutsame Werke im öffentlichen Stadtraum noch besser vor Diebstahl zu schützen.“
Auf dem alten Sockel hat nun die Frauenfigur „Elegie“ von Evgenia Usimova den „Sommer“ abgelöst. Als wäre sie sich ihrer Verwundbarkeit bewusst, wirkt sie etwas scheuer, zurückhaltender, ja verschlossener als die liegende Schöne von Siegfried Krepp.
Siegfried Krepp: Sommer, Bronze, 1975-1978
(von Angelika Reichmuth)
Auf dem Sockel, den heute die „Elegie“ von Evgenia Usimova einnimmt, befand sich bis 2013 eine andere Skulptur – der „Sommer“, ein großer liegender weiblicher Akt aus Bronze. Der Weißenseeer Bildhauer Siegfried Krepp schuf sie in den 70er Jahren. Stellen Sie sich die Figur einer jungen Frau vor, die ungezwungen in der Sonne liegt. Die Schultern sind am Boden, der Körper aber ist gedreht und ruht auf der rechten Hüfte. Die kräftigen Schenkel sind leicht geöffnet, das Becken ist nach links geneigt, die Haltung ist gelöst. Das schöne Gesicht der Frau wendet sich zur Seite in die rechte Armbeuge, der andere Arm liegt auf dem Sockel. Die offene Haltung schließt sich wieder in den übereinander geschlagenen Füßen. Unbefangenheit und Behaglichkeit ausstrahlend, lässt dieses Werk den Betrachter spontan an sommerliche Wärme denken.
Gefragt nach dem Auftraggeber für die Bronzeskulptur, erinnert sich Siegfried Krepps Frau, die Bildhauerin Sonja Eschefeld 2018: „Ich kann mir vorstellen, dass er die im eigenen Auftrag gemacht hat. Also, das heißt, aus lauter Lust. Wir haben auch viel Akt gezeichnet zu der Zeit, hatten in der Uckermark ein Wochenendhaus, waren viel im Grünen. Also, da entstehen so Ideen. Wir waren in Paris und haben die Maillol-Plastiken gesehen, die schönen Skulpturen vor dem Louvre … Es kommen immer so viele Dinge zusammen. Der Auftrag alleine, das ist das Geld verdienen, aber weshalb man so eine Plastik macht, das ist vielschichtiger. Also, das ist eben Paris, Maillol, die Landschaft in der Uckermark, das ist so eine hügelige Endmoränenlandschaft…, das sind alles so Inspirationen und Anregungen, aus denen diese Figur entstanden ist.“¹
Leider kann man das Werk nur noch auf Fotos betrachten, es gibt keinen Zweitguss. Im Fennpfuhlpark befindet sich eine andere große Bronzefigur von Krepp, die eine liegende bekleidete Frau darstellt. Sie ist früher entstanden und hat trotz einiger Gemeinsamkeiten einen völlig anderen Charakter.
Siegfried Krepp, geboren 1930 in Lauchhammer, studierte bis 1958 Bildhauerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin Weißensee und war anschließend Meisterschüler bei Fritz Cremer. Ab 1960 arbeitete er freischaffend in Berlin, seit 1969 in seinem Atelier in der Wegenerstraße in Weißensee. Auf Spaziergängen rund um seine neue Werkstatt muss er auch den Obersee entdeckt haben. Vielleicht kam ihm am Ufer des Sees die Idee, dass genau hier seine Plastik „Sommer“ ihren Standort bekommen soll. Neben seiner freischaffenden Arbeit übernahm Krepp für einige Jahre einen Lehrauftrag für Reliefgestaltung an der Kunsthochschule. Das Relief zum Denkmal deutscher antifaschistischer Spanienkämpfer im Friedrichshain, die Versöhnungstür am Südportal des Berliner Doms und das Meister-Eckhart-Portal an der Erfurter Predigerkirche sind bedeutende Zeugnisse seines Schaffens auf diesem Gebiet. Krepps Arbeiten befinden sich unter anderem im Besitz der Nationalgalerie Berlin, der Skulpturensammlungen in Dresden und Magdeburg und des Staatlichen Museums Schwerin. Nach 1998 wandte sich der Künstler neben der Bildhauerei auch wieder der Malerei zu. Am 23. Oktober 2013 ist Siegfried Krepp in Berlin gestorben.
Im selben Jahr stellten Mitarbeiter des Bezirksamtes Lichtenberg fest, dass die Plastik „Sommer“ spurlos verschwunden war. Sie erstatteten bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt. Wilfried Nünthel, damaliger Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung sagte dazu: „Die organisierte Kriminalität von Metalldieben hat auch unsere Kulturgüter im Bezirk erreicht. Leider ist dies kein Einzelfall, so dass wir gemeinsam mit der Polizei unsere Bemühungen intensivieren werden, um kulturhistorisch bedeutsame Werke im öffentlichen Stadtraum noch besser vor Diebstahl zu schützen. Ich bitte auch alle Bürgerinnen und Bürger stets ein wachsames Auge zu haben.“² Das Verfahren wurde inzwischen von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Es blieb nicht bei diesem Verlust für Siegfried Krepps Werk. 2017 wurde aus dem Schlosspark in Senftenberg seine Bronzeskulptur „Sitzender weiblicher Akt“ gestohlen. Sie war Anfang der 90er Jahre für die Kunstsammlung Lausitz angekauft worden. Auch hier müssen die Diebe mit großem Aufwand vorgegangen sein. Inzwischen hat man in Senftenberg damit begonnen, Bronzeplastiken aus dem Schlosspark zurückzubauen.
Zurück zum Oberseepark. Hier hat nun also auf dem alten Sockel die neue Frauenfigur „Elegie“ den „Sommer“ abgelöst. Als wäre sie sich ihrer Verwundbarkeit bewusst, wirkt sie etwas scheuer, zurückhaltender, ja verschlossener als die liegende Schöne von Siegfried Krepp. Da die Plastik aus Beton besteht und fast 200 kg wiegt, kann man aber hoffen, dass ihr das Schicksal ihrer Vorgängerin erspart bleiben wird!
² Pressemitteilung vom 06.02.2013